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Warum im Frühling der Kaiser in die Weinkeller lockt


Magazin
30. März 2022
Johannes Stühlinger
Lesezeit: 4 Minuten

Wenn Weinfreund*innen voll Vorfreude auf den neuen Jahrgang im Frühling die Weinkeller des Neusiedlersee DAC-Gebiets besuchen, geht es natürlich vor allem um feine Weine. Doch hinter den aus alter Tradition offenen Kellertüren verbergen sich gar kaiserliche Gnaden!

Mit Unterstützung von Bund, Land und Europäischer Union.

In der Mode, so heißt es, käme alles immer wieder zurück. Es würde nichts neu erfunden. Dass sich auch die Geschichte wiederholt, ist ebenso ein Stehsatz, den man gerne ohne zu hinterfragen gelten lässt. Durchaus kurios wird es, wenn man gleich beide Floskeln mit einer traditionsreichen Art der Weinkost erhärten kann, den „Tagen der offenen Kellertür“ – so, wie sie nun ab Anfang April wieder im gesamten Neusiedlersee DAC-Gebiet stattfinden. Dazu später mehr.

Tatsächlich ist es so, dass derartige Veranstaltungen in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom erleben. Gemeinsam zum Winzer zu pilgern, um dessen Weine zu verkosten und schließlich gleich ab Hof zu kaufen. Das gehört bei Weinliebhaber*innen längst zum guten Ton. Man kann getrost sagen: Es ist in Mode. „Die Zahl der Gäste, die kommen, um Wein zu kosten, wächst jedes Jahr“, freuen sich die Neusiedlersee DAC Winzer*innen allesamt. 

Die ausgeprägte Liebe zum persönlichen Lieblingswinzer wird zudem von einem als Megatrend definierten Umstand befeuert: dem Trend zur Regionalität. Die Jahre, in denen wir möglichst exklusive Waren von möglichst exotischen Ecken dieser Erde schmecken und entdecken wollten, liegen etwas hinter uns. Heute ist es innerhalb unserer Gesellschaft wichtig zu wissen, woher das kommt, was man konsumiert. Wer zudem auch noch einen persönlichen Draht zu den jeweiligen Produzent*innen hat, der ist wahrlich ein Kaiser. Aber zu diesem kommen wir später so oder so noch …

Frühling Weinkeller
Endlich Frühling: Es sprießt und knospet überall, Kellergassen erblühen und die Winzer*innen öffnen ihre Kellertüren für alle Weinliebhaber*innen.

Gelebte Tradition in der Region

Faktum ist, dass beide soeben erwähnten Phänomene keineswegs neu sind. Sie wiederholen sich vielmehr und finden ihren Ursprung in längst vergangenen Zeiten. Schon vor 250 Jahren boten die Winzer ihre Weine ab Hof an, lockten mit Verkostungen. Und schon damals pilgerten die Menschen begeistert zu den Weinbauern am Land, um dort Weine zu kosten und zu kaufen. Allerdings lagen dereinst die Motive für diese regionale Vermarktung und deren Boom freilich in weit pragmatischeren Überlegungen, als dies heute der Fall ist.

Um das verstehen zu lernen, begeben wir uns einfach in einer fiktiven Zeitmaschine zurück in das tiefste Mittelalter, ins 13. Jahrhundert: Rund um den Neusiedlersee wird Wein ausgepflanzt, wo es nur geht. Begünstigt durch das vorherrschende Klima gibt es zuerst an den nördlichen Abhängen der Parndorfer Platte rund um Neusiedl, Gols, Mönchhof und Halbturn und ab dem 19. Jahrhundert auch in der pannonischen Tiefebene bald keinen Ort mehr, an dem nicht Weinbau betrieben wird. Es ist jene Zeit, in der der Weinbau im Burgenland seine erste geographisch große Verbreitung erreicht und in der man auch glaubt, die ersten Zeichen für eine sehr persönliche Art der Eigenvermarktung ausmachen zu können.

Frühling Weinkeller
Die lange Geschichte des österreichischen Weins beginnt im Burgenland bereits im Mittelalter.
Frühling Weinkeller
Heute wachsen im östlichsten Bundesland auf rund 11.904 Hektar außergewöhnliche und körperreiche Weine.

Historiker*innen meinen: Vermutlich geht die Tradition der Winzer*innen, selbstgekelterten Wein auch selbst auszuschenken, auf die Franken und Bayern unter Karl dem Großen und Otto I. zurück. „Eine exakte Entstehungszeit dafür lässt sich zwar nicht dingfest machen, aber man kann davon ausgehen, dass Weinbauern ab dem Moment mit aktivem Verkauf begonnen haben, sobald der Eigenbedarf gedeckt war“, meinen Historiker*innen. Eine Art „Krugrecht“ erlaubte damals jedenfalls den Ausschank selbstproduzierter Weine mehr schlecht als recht. Wirklich verbrieft ist nur wenig. 

Ein Kaiser, sein Volk und der Wein

Ein Missstand, der in Österreich schließlich einem sauer aufstößt: Kaiser Joseph II. Und das aus einem durchaus überraschenden Grund. Die Legende geht so: Die Wirte eines kleinen Orts in der Grafschaft Görz, ein im Mittelalter entstandenes Territorium im südöstlichen Alpenraum welches in der Habsburgermonarchie zum Österreichischen Küstenland gehörte, beschwerten sich lautstark darüber, dass sie ihr Herr – ein gewisser Graf Delmetri – dazu zwingen wollte, ausschließlich Wein aus seinen herrschaftlichen Gütern auszuschenken. Kaiser Josef II. schmeckte das – wohl auch aus einem ihm innewohnenden Machtverständnis heraus – nicht so recht. Wenn jemand seine Muskeln spielen ließe, dann er selbst. Gleichzeitig aber fand er es auch gegenüber seinem Volk nicht fair. Also reagiert der Monarch darauf mit der sogenannten Zirkularverordnung von 1784: Diese billigte erstmals den Bauern ganz klar das Recht zu, eigene Erzeugnisse selbst zu verkaufen, an wen auch immer sie wollten.

Frühling Weinkeller
Im Jahr 1784 schuf Kaiser Josef II. mit der Zirkularverordnung die rechtliche Grundlage für den Buschenschank.
Frühling Weinkeller
Seither dürfen Bauern ihre eigenen Erzeugnisse zu allen Zeiten des Jahres und an wen auch immer sie wollen, selbst verkaufen.

Diese Verordnung ermöglichte es also erstmals ganz legal, dass Winzer ihre Weine ab Hof an jedermann verkaufen konnten – was damals zuerst einmal vor allem Geschäftsleute und Händler freute, infolge aber auch die Menschen im ganzen Land: Der Weinhandel konnte so weiter erblühen. Und in gewisser Weise genießen wir heute noch die lukullischen Auswirkungen dieser Verordnung, begründete sie doch Buschenschenken genauso wie Heurige – und eben die „Tage der offenen Kellertür.“ 

Tage der offenen Weinkeller im Frühling und Herbst: Wein erkunden und erleben

Derer gibt es im Übrigen, ebenso der alten Tradition folgend, stets zweimal im Jahr: im Frühling und im Herbst. Der erste Termin sollte Lust auf die jungen Weine machen, der zweite die Keller so weit leeren, dass wieder Platz für den nächsten Jahrgang geschaffen wurde. Heute gibt es in allen Weinkellern ausreichend Platz für Fässer vieler Jahrgänge. Und zusätzlich für viele neugierige Weinliebhaber*innen.

Spannend dabei ist natürlich, dass jeder Ort seine individuellen Besonderheiten hat, wenn es um das direkte Verkosten des jungen Weins geht. Und gerade wer auf die neuen Jahrgänge der besonders herkunftstypischen Neusiedlersee DAC Weine – ganz gleich ob Zweigelt oder Süßwein, klassisch ausgebaut oder als Reserve – spitzt, der hat beim vinophilen Frühlingserwachen rund um den Neusiedlersee die Qual der Wahl. In allen Ortschaften der Neusiedlersee DAC Herkunftsweinregion wird ab Anfang April in einer nicht enden wollenden Aneinanderreihung wunderschöner Veranstaltungen alles angeboten, was man so kosten kann.

Weinliebhaber*innen aufgepasst: Auch im Herbst warten edle Tropfen in den Weinkellern der Winzer*innen.
Das Martiniloben ist dabei eine der besten Gelegenheiten, um die Vielfalt der Neusiedlersee-Weine und auch -Kulinarik zu entdecken.

Und wer dann noch immer nicht genug hat, der darf sich auf den Herbst freuen, wenn rund um den Feiertag des Heiligen Martin erneut die Kellertüren unter dem Namen „Martiniloben“ geöffnet werden.

>>> Hier geht’s zu den Frühlings-Terminen aller offenen Kellertüren!

Alles Wissenswerte über die Neusiedlersee DAC-Weinspezialitäten

Saftig, vielseitig und fruchttief oder doch frucht-/edelsüß? Welcher Neusiedlersee DAC ist Ihr Liebling? Klicken Sie sich durch die unterschiedlichen besonders typischen Neusiedlersee DAC Herkunftsweine.

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Neusiedlersee DAC.
Einzigartiger Zweigelt. Einzigartige Süßweine.
Von der Sonnenseite Österreichs. Zur Gaumenfreude aller.

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