
Warum die Herkunftsregion Neusiedlersee DAC zu den drei weltbesten Süßwein-Gegenden zählt, was ein Pilz damit zu tun hat und warum diese besonderen Rebensäfte mit besonders wenig Alkohol extra viel Geschmack ins Glas bringen.
Mit Unterstützung von Bund, Land und Europäischer Union.
Es gibt Spitzenköch:innen, die darauf schwören, dass ein Süßwein aus der Herkunftsregion Neusiedlersee DAC kein Speisebegleiter ist – sondern vielmehr ein eigenes, eigenständiges Gericht. Zweisterne-Chef Tim Raue etwa ist ein solcher. Die Komplexität hochwertiger Trockenbeerenauslesen oder Beerenauslesen – und vor allem deren im Idealfall perfekt balanciertes Frucht-Säurespiel – machen diese Weine am Gaumen zu etwas so Außergewöhnlichem, dass jede geschmackliche Ergänzung durchaus bloß als Ablenkung verstanden werden kann.
Doch was macht hochwertige Süßweine so besonders? Und warum wird das Keltern von Beerenauslesen, Trockenbeerenauslesen oder Eiswein unter den Winzer:innen gar als Königsdisziplin wahrgenommen? Werfen wir gemeinsam einen Blick auf die Geheimnisse der Süßweinwelt!

1. Ein seltener Schimmelpilz als Glücksbringer
Alle Auslesen haben eines gemeinsam: Die hohe Zuckerkonzentration resultiert aus der Reduktion innerhalb der Trauben. Es wird also keinerlei Form von Süße zugesetzt. Das kann durch Trocknung passieren, wie etwa beim Schilfwein. Oder durch Kälte, wie beim Eiswein. Oder aber durch einen ganz besonderen Pilz: die Botrytis cinerea, auch als Edelfäule bezeichnet. Ein Pilz, der unter bestimmten Bedingungen – hohe Luftfeuchtigkeit am Morgen und trockene, sonnige Nachmittage – die Trauben befällt und sie auf besondere Weise verändert. Diese natürlichen Gegebenheiten finden sich allerdings nur in wenigen Mikroklimata unseres Planeten. Im Sauternes in Frankreich finden sich solche, im Tokaj in Ungarn ebenso – und besonders stark ausgeprägt in der Herkunftsregion Neusiedlersee DAC. Der besondere Geschmack und somit der Erfolg der renommiertesten und am höchsten prämierten Trockenbeerenauslesen gründen also stets auf diesem besonderen Schimmelpilz. Aber was kann er? Wenn Trauben von der Botrytis cinerea befallen sind, wird ihre Außenhaut vom Pilz mit mikroskopisch kleinen Löchern perforiert. Dadurch verdunstet Wasser. Dieser Wasserverlust in der Beere wiederum führt dazu, dass die Zuckerkonzentration steigt, ohne dass Säure verloren geht. Zudem entwickelt der Pilz in den nun edelfaulen Trauben Frucht-, Exotik-, Kräuter- und Gewürznoten, die in gesunden Trauben nicht vorkommen.

2. Die höchste Qualität steckt schon im Namen
Wir kennen Süßweine meist unter den Begriffen Beerenauslese (BA) oder Trockenbeerenauslese (TBA). Doch dass in diesen schon der maximal hohe Qualitätsanspruch steckt, ist uns in der Regel nicht bewusst. Tatsächlich bedeutet der Begriff „Auslese“ in diesem Kontext, dass die einzelnen Beeren von Hand verlesen werden und ausschließlich jene im Kelter landen, die für die Süßweinproduktion auch perfekt sind. Also nur jene, die von der Edelfäule auch wirklich ausreichend befallen sind. Und das kann durchaus viel Arbeit sein, denn der Prozentsatz des ersehnten Pilzbefalls ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich. So kann er in der Tokaj sogar auf magere 50 Prozent fallen. Im Sauternes und an den Ufern der Neusiedlersees jedoch bewegt sich der Prozentsatz recht stabil zwischen 80 und 100 Prozent. Dementsprechend gelingt es den Süßweinwinzer:innen des Neusiedlersee DAC auch seit vielen Jahrzehnten, mit außergewöhnlicher Konstanz Trockenbeerenauslesen und Beerenauslesen höchster Qualitätsstufe zu produzieren. Denn: Nur wenn Bedingungen gleichbleiben, können Details in der Weinproduktion mit maximalem Perfektionismus angepasst werden. Und nur so gelingt es Jahrgang für Jahrgang, die perfekte Frucht-Säurebalance dieser filigranen Tropfen in Flaschen zu füllen.
3. Jahrhundertealte Tradition des Süßweins
Schon im 17. und 18. Jahrhundert galten Süßweine an den königlichen und kaiserlichen Höfen Europas als begehrtes Luxuselixier. Vor allem der ungarische und österreichische Adel erkannte den Wert dieser Weine und förderte die Herstellung edelsüßer Weine. Nicht zuletzt deshalb konnten sich die Winzer:innen der Tokaj und der Region Neusiedlersee DAC schon sehr früh auf die Produktion dieser Besonderheiten konzentrieren. Doch wenn man in den Geschichtsbüchern blättert, stößt man schon lange, bevor der Hochadel auf die Beerenauslesen aufmerksam wurde, auf Dokumentationen von ersten Süßweinen. So lässt sich der erste Süßweinanbau am Neusiedlersee bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Es gibt Aufzeichnungen, die darauf hinweisen, dass bereits um 1526 in der Region edelsüße Weine produziert wurden.

4. Viel Geschmack, aber wenig Alkohol
Eine der markantesten Eigenheiten von Süßwein ist die Tatsache, dass er mit viel Geschmack am Gaumen aufschlägt, aber meist wenig Alkohol mitbringt. Das macht ihn aktuell auch gerade bei einer jüngeren und achtsam trinkenden Zielgruppe besonders beliebt. Der Grund dafür ist ein aus chemischer Sicht logischer: Weil während der Gärung nicht der gesamte Zucker in Alkohol umgewandelt wird, entsteht einfach weniger davon. Außerdem können die für die Alkoholproduktion notwendigen Hefen bei sehr hohem Zuckergehalt nur begrenzt Alkohol produzieren, bevor sie inaktiv werden. Die meisten Winzer:innen stoppen die Gärung auch bewusst durch Kühlung oder Schwefelzugabe, um eine perfekte Balance zwischen Süße, Säure und Alkohol zu erreichen. Während trockene Weine also oft einen höheren Alkoholgehalt haben, behalten edelsüße Weine ihre intensive Frucht-, Honig- und Gewürzaromatik. Der geringe Alkohol betont zudem die Süße, ohne sie zu überdecken, während der natürliche Säuregehalt für Frische sorgt. Dadurch sind Süßweine geschmacklich hochkonzentriert, aber angenehm mild, und passen somit perfekt zu Desserts oder zu Käse.
5. Süßweine als heimliche Basis für Spitzencocktails
Auch wenn das in Österreich noch nicht so ganz angekommen ist: Süßweine liefern im Grunde die ideale Basis für Cocktails. Das liegt im Grunde auch auf der Hand: Intensive Aromatik, natürliche Süße und ausgewogene Säure sind die perfekten Zutaten für einen Drink, der ohne irgendwelche Sirupe oder Süßungsmittel Tiefe haben soll. Ob des geringeren Alkoholgehalts werden vor alle Sommercocktails aus ihnen gemixt. So zählen in Frankreich oder Ungarn etwa Drinks wie ein Sauternes-Spritz oder ein Tokaj Sour längst zu den Standard-Aperitifs. Weil Süßweine allerdings auch hervorragend mit Gin, Rum, Cognac oder Schaumweinen harmonieren, sind kreative Barkeeper:innen längst auch auf den Geschmack gekommen, komplexere Cocktails zu mischen. In der Herkunftsregion Neusiedlersee DAC jedenfalls steht derzeit der Neusiedlersee Spritz (Süßwein + Soda + Minze) besonders hoch im Kurs. Der lässt sich nicht nur selbst überall mischen, er bietet ob seines niedrigen Alkoholgehalts vor allem an heißen Tagen einen besonderen Genuss!


6. Ausschließlich Handarbeit
Obwohl gerade in den vorwiegend ebenen Lagen der Herkunftsregion Neusiedlersee DAC die Weinlese mit hochmodernen Erntemaschinen große Vorteile birgt, heißt es bei der Ernte der Trauben für Süßweine konsequent: Hände weg von den Großgeräten! Der Grund dafür liegt übrigens – richtig – auf der Hand. Schließlich stammt die Bezeichnung Beeren- oder Trockenbeerenauslese von der Idee, die Beeren, die verarbeitet werden, von Hand sorgfältig auszulesen, ehe sie im Weinkeller landen (siehe auch Geheimnis Nummer 2). Schon eine einzige wirklich faule – statt edelfaule – Beere würde den feinen Geschmack des Süßweins trüben und damit dessen Qualität mindern. Es ist daher einfacher und zeitsparender, diese erste Kontrolle bereits bei der Lese selbst vorzunehmen, ehe im Weinkeller erneut jede Traube unter die Lupe genommen wird, bevor sie in der Presse landet.
6. Süßweine sind extrem lagerfähig
Ungeöffnet und bei guter Lagerung können die Süßweine der Herkunftsregion Neusiedlersee bis zu 100 Jahre – und länger – genossen werden! Grund dafür ist ihr hoher Zuckergehalt: Zucker fungiert als natürlicher Konservierungsstoff, da er das Wachstum von Bakterien und Hefen hemmt, die für das Verderben des Weins verantwortlich sind. Diese Eigenschaft ermöglicht es Süßweinen jedoch nicht nur, über viele Jahrzehnte hinweg gelagert zu werden, sondern trägt auch dazu bei, dass sich ihre außergewöhnlichen Aromen im Laufe der Zeit sogar in der verschlossenen Flasche weiterentwickeln können. Und selbst wenn ein Süßwein einmal geöffnet ist, hält er länger als klassische Weine: Bei Auslesen sind das zwei bis vier Wochen, bei Beeren- und Trockenbeerenauslesen sogar sechs bis acht Wochen. Wichtig ist dabei freilich, dass die Weine gekühlt gelagert werden – und nicht etwa bei Raumtemperatur.
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NEUSIEDLERSEE DAC.
Einzigartiger Zweigelt. Einzigartige Süßweine.
Von der Sonnenseite Österreichs. Zur Gaumenfreude aller.
