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Rotes Vielseitigkeits-Wunder und das Gold des Ostufers


Magazin
31. Januar 2022
Johannes Stühlinger
Lesezeit: 6 Minuten

1922 wurde der Zweigelt unter dem Namen „Klosterneuburg 71“ offiziell im Kreuzungsregister eingetragen. Heute – genau 100 Jahre später – ist er die populärste Rotweinsorte Österreichs – bei Produzenten und Konsumenten. Ganz besonders sortentypisch munden die Zweigelt-Tropfen vom östlichen Ufer des Neusiedlersees. Der ideale Boden also für ein Gespräch mit Torsten Aumüller, dem Geschäftsführer der Herkunftsweinvereinigung Neusiedlersee DAC, in welcher der Zweigelt die erste (Rebsorten-) Geige spielt.

Mit Unterstützung von Bund, Land und Europäischer Union.

Im Sommer, wenn die Tage lang sind und die Nächte kurz, dann geht es rund um den Neusiedlersee heiß her. Allerdings nicht bloß an seinen Stränden, sondern vor allem an den weiten Ufern, an denen Weinreben besonderer Güte gedeihen. Schließlich sorgt der See mit seiner außergewöhnlich großen Wasserfläche für ein weltweit einzigartiges Mikroklima. Es sind mehr als 100 Winzerfamilien, die auf der Ostseite des weiten Steppensees in ihren Weingärten dafür sorgen, dass Genießer in Österreich und der ganzen Welt herrliche Weine in ihren Gläsern wiederfinden. Und es sind vor allem der besonders regionstypische Zweigelt und die einmaligen Süßweine, die längst nicht nur in Fachkreisen in aller Munde sind. Weine vom Neusiedlersee sind einfach etwas Besonderes. Dies beweisen seit vielen Jahrzehnten die regionalen Winzer mit jedem Jahrgang aufs Neue. Unterstützt werden sie dabei von der Herkunftsweinvereinigung Neusiedlersee DAC, die vor allem eines im Sinn hat: die weite Welt auf den Geschmack dieser besonders regionstypischen Kostbarkeiten – den Zweigelt sowie die Süßweine – zu bringen. „Eine langfristige Mission“, sagt Chef Torsten Aumüller. Jedenfalls aber eine, die gerade im Jubiläumsjahr der Rebsorte Zweigelt ordentlich Rückenwind bekommt.

DAC. Eine Abkürzung, die man auf vielen, aber keineswegs auf allen Weinflaschen findet. Was bedeuten diese drei Buchstaben eigentlich?

Torsten Aumüller: DAC ist eine Abkürzung für den sperrigen lateinischen Ausdruck „Districtus Austriae Controllatus“. Die grundsätzliche Idee dahinter ist, dass die Herkunft und die Besonderheiten der Herkunft gestärkt werden. Nehmen wir als Beispiel den Grünen Veltliner her. Er ist als die österreichische Weißweinrebsorte schlechthin anerkannt, und viele Menschen assoziieren diese Rebsorte ganz automatisch mit Österreich. Faktum aber ist, dass der Grüne Veltliner aufgrund seiner internationalen Erfolgsgeschichte mittlerweile auch in anderen Ländern wie der Slowakei, Bulgarien oder Rumänien angepflanzt wird. Das heißt, ein Grüner Veltliner auf einer Weinkarte muss nicht mehr zwingend aus Österreich kommen. Um hier eine Orientierungsmöglichkeit zu schaffen, stärkt man also die Herkunft der Weine und unterstreicht so auch gleichzeitig die Besonderheiten der jeweiligen Region. Schließlich verbinden wir alle mit vielen Produkten eine regionaltypische Stilistik. Wir bestellen einen Rioja, einen Chianti, einen Prosecco, einen Bordeaux oder einen Burgunder und verbinden damit stets eine geschützte Herkunft sowie regionsauszeichnende Typizität. Genau diese positiven Assoziationen will man auch mit dem heimischen DAC-System erzeugen. Deshalb ist man auch hier bei uns den Weg gegangen, die Herkünfte und Typizitäten klar zu definieren und damit mehr in den Vordergrund zu stellen. Und gesetzlich korrekt wird dies durch den Namen der jeweiligen Herkunft, gefolgt von der Abkürzung DAC, dargestellt. Wenn also – wie in unserem Fall – „Neusiedlersee DAC“ auf dem Etikett steht, dann kann der Konsument sicher sein, dass die Trauben aus genau diesem Gebiet stammen, hier verarbeitet und auch im Gebiet in die Flasche gefüllt worden sind. Konkret sind das bei uns die regional bedeutendste Rebsorte, der Zweigelt und – seit 2020 – auch die Süßweine vom Neusiedlersee.

Torsten Aumüller
Regionstypische Kostbarkeiten in die weite Welt zu bringen – das ist die Mission vom Geschäftsführer der Herkunftsweinvereinigung Neusiedlersee DAC, Torsten Aumüller.

Und als Neusiedlersee DAC versucht man, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und miteinander international noch erfolgreicher zu sein?

Torsten Aumüller: Ja, das ist der große Gedanke dahinter. Wir wollen national, aber auch international als Region besser und damit auch stärker und vor allem sicherer in einer immer globaleren Welt wahrgenommen werden. Ein Neusiedlersee DAC Zweigelt kommt aus dieser Region. Ein Neusiedlersee DAC Süßwein – gleich, ob Spätlese, Auslese, Beerenauslese oder Trockenbeerenauslese – kommt auch aus dieser Region. Punkt. Da gibt es keine Möglichkeiten, irgendwie zu mogeln. Der Konsument bekommt 100%ige Herkunftsgarantie und regionsdefinierende Qualität.

Hilft diese Gemeinschaft in schwierigen Zeiten – Stichwort: Pandemie – oder steht man sich da eher im Weg?

Torsten Aumüller: Diese Gemeinschaft hat in den vergangenen zwei Jahren für die Region natürlich besonders viel getan, vor allem in den sozialen Netzwerken oder auch den Printmedien. Und in Summe sind die Winzer, die die Neusiedlersee DAC-Weine produzieren, eigentlich sehr gut durch die Krise gekommen. Vor allem jene, die in den Supermärkten gelistet sind. Uns ist aber sicher auch zugutegekommen, dass wir uns schon vor der Krise mehrdimensional, nämlich weintouristisch positioniert haben. Bei den über 100 Neusiedlersee DAC Winzern gilt: wie das Land, so auch Weine & Menschen – zugänglich, vielfältig, authentisch. Wir sind ja auch eine „UNESCO Welterbe Region mit signifikantem Weinbau“. Wer bei uns Mitglied ist, verschreibt sich daher nicht nur der Herkunftstypizität in Weingarten, Keller, Flasche und Glas.

Das Neusiedlersee-DAC-Selbstverständnis ist also nicht ausschließlich auf den Wein in der Flasche fokussiert – Stichwort: pannonische Zugänglichkeit?

Torsten Aumüller: Genau. Unsere Destination liegt sehr zentral in Europa, in der Nähe von den drei großen Städten Budapest, Bratislava und Wien. Das wissen die Menschen und haben die Gegend als relevantes Naherholungsgebiet lieben gelernt. Radfahren ist etwa ein großer Faktor, aber auch das Weinwandern durch die Weingärten. Die besondere Kulinarik ebenso – und da nimmt der Wein sogleich eine sehr bedeutende Rolle ein. Mittlerweile ist es aber so, dass nicht wenige unserer Gäste überhaupt des Weines wegen kommen. Weil sie sich bei den Winzern wohlfühlen, hier wohnen können und freundlich empfangen werden. Das ist definitiv nicht in vielen internationalen Weinbauregionen der Fall. Hier ist es fester Bestandteil unseres Lebens. Wir stehen auch als Menschen für die pannonische Zugänglichkeit: 360 Tage im Jahr – oft ohne Voranmeldung, immer jedoch ohne Allüren.

Genauso wie das Aushängeschild der Region – der Zweigelt. Dieser feiert heuer sein 100-jähriges Jubiläum. Wie kann man das bei einer Rebsorte überhaupt so exakt sagen?

Torsten Aumüller: Ganz einfach: Der Zweigelt ist eine Kreuzung zweier alt-österreichischen Rebsorten, St. Laurent und Blaufränkisch, und wurde – nachdem die Kreuzung erfolgreich war – 1922 ins sogenannte öffentlich-rechtliche Kreuzungsbuch eingetragen. Und damit ist sein „Geburtsjahr“ quasi amtlich.

Österreichs beliebtester Rotwein wurde also speziell und individuell erschaffen, wie letztendlich Weine auch immer ganz spezielle und individuelle Erzeugnisse sind?

Torsten Aumüller: Sozusagen. Die neue Rebsorte sollte eine überdurchschnittliche Vielseitigkeit hinsichtlich Böden, Klima und Vinifikation aufweisen. Dabei offenbarten die wirtschaftlichen Herausforderungen der Nachkriegszeit auch einen Bedarf an einer ertragssicheren Rebsorte. Dieses – heute würde man sagen: Anforderungsprofil – erforderte eine spezielle und individuelle Herangehensweise.

Torsten Aumüller
Für den herkunftstypischen Zweigelt spricht vor allem die einzigartige Typizität, die man einfach schmeckt.
Torsten Aumüller
Wein trinken, wo er wächst: Das Weinwandern in den Weingärten ist bei Touristen besonders beliebt.

Und? Ist es gelungen?

Torsten Aumüller: 100 Jahre später kann man sagen: Ja, es ist gelungen. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass die ursprüngliche Idee nicht gleich vollends angenommen worden ist. Das lag vor allem an der intensiven Weingartenarbeit, die für diese neue Rebsorte erforderlich war. Es brauchte also zusätzliche Veränderungen, welche in den 1960er Jahren auch kamen. Bis dahin nämlich war die sogenannte Stockkultur die vorherrschende Kulturart im Weinbau. Das bedeutete, dass Pflege und Ernte sehr, sehr mühsame Arbeit waren. Da hat man es sich damals dreimal überlegt, ob man jetzt einen seiner Weingärten umpflanzt, und dann noch mit einer derartig arbeitsintensiven Rebsorte. Eine Erfolgsstory wurde der Zweigelt daher ziemlich genau ab dem Moment, als sich die heute vorherrschende Hochkultur von Lenz Moser als Kulturart im Weinbau durchgesetzt hat. Lenz Moser hat – sowohl mit seiner Erfindung, aber auch als Person – dem Zweigelt schließlich den Weg geebnet und ihn mit zum Erfolg geführt. Heute ist der Zweigelt Österreichs populärste Rotweinrebsorte – irgendwie der „rote Grüner Veltliner“ Österreichs: weit verbreitet in allen Anbaugebieten, Nr. 1 Rebsorte beim Rotwein, vielseitig im Terroir und vielfältig in der Vinifikation. Zweigelt kann, was auch der Grüne Veltliner kann: klassisch im Edelstahl oder großen gebrauchten Holzfass ausgebaut werden. Ebenso macht er sich gut als lagerfähige Reserve in kleinen Barriques. Und unabhängig vom Ausbau vermag er auch die Charakteristik von Einzelrieden in Flasche und Glas widerzuspiegeln. Ein echter roter Alleskönner – und damit irgendwie das rote österreichische „Grüner Veltliner Äquivalent“.

Kurz gesagt: Zweigelt kann alles – doch wird er auch von allen entsprechend geschätzt und gewürdigt?

Torsten Aumüller: Also getrunken und genossen wird der Zweigelt. Wenn das nämlich nicht der Fall wäre, dann würde die Anbaufläche nicht stetig zulegen. Gleichzeitig gibt’s jedoch vor allem international noch etliche Weinkritiker, denen die Vorzüge des Zweigelts so noch nicht bewusst ist. Doch liegt das eher daran, dass sie ihn noch nicht wirklich in all seinen Facetten kennen. Irgendwo ein Umstand, der auch auf den Erfolg des Zweigelts im deutschsprachigen Raum zurückzuführen ist. Er hat sich um die Aufmerksamkeit der englischsprachigen Weinfachpresse noch nicht so bemüht, da er auf anderen Märkten so erfolgreich war. Dass der Zweigelt jedoch auch auf dem internationalen Weinparkett reüssieren kann, das ist inzwischen evident und wird mehr und mehr (an)erkannt.

Kann der Zweigelt also auch erfahrene Weinkenner überraschen?

Torsten Aumüller: Definitiv. Weil er eine unglaublich vielfältige Rebsorte ist. Der Zweigelt kann klimatische Besonderheiten von Lagen, sogar von Mikrolagen ausdrücken. Er kann sich sowohl im Edelstahl als auch im gemischten Ausbau – Edelstahl und großes Holz – jeweils unterschiedlich präsentieren. Der Zweigelt kann sich aber genauso gut im kleinen Eichenfass wiederfinden und selbst hier seine Typizitäten bewahren und ausspielen. Das heißt, es gibt nicht „den Zweigelt“, vielmehr spiegelt er stets seine spezifische Herkunft in Flasche und Glas wider.

Torsten Aumüller
Auf 6.239 Hektar Rebfläche reift an den Ufern des flachen Neusiedlersees eine große Sortenvielfalt heran. Auch Gänse bewegen sich frei zwischen den Rebstöcken.

Das heißt, nur weil ich den herkunftstypischen Neusiedlersee DAC Zweigelt mag, mag ich nicht zwingend Zweigelt per se?

Torsten Aumüller: Nun ja, irgendwie doch. Der Zweigelt hat nämlich schon gewisse allgemeine Charakteristika – wie jede andere Rebsorte im Übrigen auch. Beim Zweigelt ist vor allem die Farbtiefe hierbei sehr typisch und österreichweit vorhanden. Das liegt an der hohen Anzahl an Farbpigmenten, die seine eher starke Schale beinhaltet und die bei der Vinifikation von den Winzern gekonnt herausgearbeitet werden. Im Glas zeigt ein Zweigelt dann schon – zuweilen sehr deutlich – seine Herkunft. Je kühler das Anbaugebiet, desto zurückhaltender seine Frucht; gleichzeitig straffer sind hingegen Struktur und Säure. In den von Sonnenstunden verwöhnten Anbaugebieten wie dem Ostufer des Neusiedlersees zeigt er dann seine sehr einladende und zugängliche Seite: stets saftig und fruchtbetont – mal rotbeeriger, mal schwarzbeeriger –, sehr klar in der Nase und am Gaumen und von einer leichten salzigen Mineralik geprägt aufgrund der zahlreichen Salz- und Sodalacken bei uns im Gebiet. Keine zwanzig Kilometer weiter, in der Weinbauregion Carnuntum, schmeckt ein Zweigelt schon wieder merkbar anders – und dennoch gebietstypisch. Herkunft ist eben Herkunft. Das spiegelt der Zweigelt richtig gut wider.

Woher kommen diese Unterschiede trotz aller Gemeinsamkeiten? Vom Terroir?

Torsten Aumüller: Diese beiden Regionen – Neusiedlersee bzw. Carnuntum – sind eigentlich nur durch eine leichte Hügelkette voneinander getrennt und doch so unterschiedlich. Das Wasser der nahen Donau ist kühler als jenes des Neusiedlersees. Es gibt im Carnuntum mehr Niederschlag und die Durchschnittstemperatur ist etwas niedriger. Auch die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind ausgeprägter, fällt die Temperatur doch durch die Donau schneller ab. Das führt zum Beispiel zu einer etwas prägnanteren Säurestruktur. In unserer Region wiederum speichert der See die Hitze des Tags und gibt sie – leicht gekühlt – sanft in der Nacht ab. Die Permanentwinde wehen Nord-West und belüften dabei so die Weingärten mit der abgekühlten Seeluft. Diese mikroklimatische Besonderheiten sind dafür mitverantwortlich, dass sich ein Zweigelt vom Neusiedlersee derartig zugänglich, samitg-weich und fruchtbetont präsentiert. Wie gesagt, wir sprechen hier von minimalen mikroklimatischen Unterschieden, und doch ist das Ergebnis im Glas definitiv für jeden Genussmenschen klar erschmeckbar. Noch deutlicher erkennbar werden die feinen Unterschiede, je weiter man dem Zweigelt Richtung Westen Österreichs – Weinviertel, Kamptal, Kremstal & Co. – folgt. Und auch im Süden Österreichs, der Steiermark, präsentiert er sich wieder etwas anders in Flasche und Glas. Regionstypisch ist er jedoch zu jeder Zeit. Die Größe des Herkunftsweingebiets Neusiedlersee innerhalb des österreichischen DAC-System bringt es allerdings auch irgendwie mit sich, dass die hier vorherrschende Zweigelt-Typizität auch für Österreich in seiner Gesamtheit prägend ist.

Torsten Aumüller
Wer sich von der Vielfalt der Weinwelt inspirieren lassen möchte, besucht einen der unzähligen Weinkeller in der Region. 
Für ein perfektes Urlaubserlebnis am größten Steppensee Mitteleuropas sorgt neben der Kulinarik und dem Wein, auch die einzigartige Naturlandschaft.

Die schon erwähnte Verlässlichkeit des Zweigelts könnte in naher Zukunft eine besondere Rolle spielen: Der Klimawandel ist längst spürbar, vor allem in der Landwirtschaft. Bereitet das den Zweigelt-Winzern weniger Sorgen?

Torsten Aumüller: Ich würde jetzt nicht so weit gehen zu sagen, dass der Zweigelt gegen den Klimawandel zu 100 % abgesichert ist. Allerdings ist er nach wie vor sicher im Ertrag, und seine bereits erwähnte Vielseitigkeit könnte ihm auch bei dieser Herausforderung helfen. Wie das aber in 40 oder 50 Jahren aussieht, wissen wir natürlich nicht.

Und wie reagieren die Süßwein-Rebsorten?

Torsten Aumüller: Wir gehen grundsätzlich von einer Erwärmung aus. Ich sage jetzt einmal so: Wenn ich mir andere bedeutende Süßweinregionen dieser Welt anschaue, dann dürften deren Herausforderungen zusehends größer werden, was die Entstehung der für die hochwertige Süßweinproduktion notwendigen Edelfäulnis betrifft. Man merkt das auch schon etwas daran, dass immer mehr trockene Weißweine aus diesen Gebieten auf den Markt kommen. Bei uns sind die Tiefdruckmomente mit den Bodennebeln nach wie vor da. Wir haben daher noch immer die wichtige Luftfeuchtigkeit und die nassen Herbstnächte. Im Zusammenspiel mit den konstanten Permanentwinden finden wir also wie gewohnt absolut intakte und natürliche Voraussetzungen für die Entstehung von edelsüßen Trauben im Gebiet vor.

Gibt es Überlegungen, noch andere Rebsorten, neue Rebsorten als besonders gebietstypisch zu kategorisieren und damit mit Neusiedlersee DAC auszuzeichnen?

Torsten Aumüller: Unsere Region hat den Vorteil, dass sie Qualitäten in Weiß, Rot und Süß erzeugen kann, und das auf sehr hohem Niveau – national wie international. Diese Vielfalt ist aber Fluch und Segen zugleich. Segen, weil wir das gesamte Spektrum, das ein Weintrinker genießen will, mit Erzeugnissen aus dem eigenen Gebiet abdecken können. Der Fluch ist natürlich ein bisschen, dass sich dabei die Frage stellt: Für was steht die Region – vor allem international? Denn auch wenn vielleicht alles machbar zu sein scheint, so drängt sich dann doch vor allem international die Frage auf: Was kann das Gebiet glaubhaft und richtig, richtig gut? Deswegen war zu Beginn auch ganz klar, dass wir uns auf den Zweigelt fokussieren. Der kann als Rebsorte ziemlich viel, und auch die Winzer verstehen ihn richtig gut – in Weingarten, Keller und Flasche. Und in puncto Süßweine haben wir sogar eine absolute Ausnahmestellung in der Weinwelt. Es war daher nur logisch, sie auch zum richtigen Zeitpunkt hinzuzunehmen – und der war 2020. Jetzt ist es allerdings so, dass sich auch viele Weißwein-Rebsorten hier in der Region sehr gut zurechtfinden und sie mitprägen. Vor allem die Burgundersorten: Weißburgunder, Grauburgunder, Chardonnay. Ich möchte heute nicht ausschließen, dass wir vielleicht nicht doch auch eine oder mehrere Weißwein-Rebsorten im Neusiedlersee DAC abbilden. Aktuell wollen wir jetzt einmal ein bisschen aus unserer komfortablen Position heraus zusehen, was so um uns herum im österreichischen DAC-Herkunftssystem noch alles so passiert. Wenn die Zeit für weitere Veränderungen jedoch reif ist, werden wir sicherlich aktiv werden – für unsere Winzer, für unsere Region, für unsere Zukunft.

Wagen wir dennoch einen Blick in diese unvorhersehbare Zukunft: Was sind Ziele, die ihr mit der Herkunftsweinvereinigung Neusiedlersee DAC in nächster Zeit verfolgt?

Torsten Aumüller: Unsere Ziele sind sehr unterschiedlich gelagert. Für den Zweigelt gilt aus unserer Sicht: Er soll an die internationalen Erfolge des Grünen Veltliners anknüpfen. Der Zweigelt soll sinnbildlich die neue Grüner Veltliner-Story werden. Mein ganz persönlicher Wunsch ist, dass jeder Importeur, der heute einen österreichischen Grünen Veltliner importiert und vertreibt, in fünf Jahren den für Österreich im Vergleich zum Grünen Veltliner nicht minder typischen Zweigelt im Sortiment führt und seinen Kunden anbietet – idealerweise einen Neusiedlersee DAC Zweigelt. Für die Süßweine ist es ein wenig spiegelverkehrt. Diese haben nämlich außerhalb unserer Landesgrenzen bereits einen Weltruf, sind in jedem Top-Restaurant und jedem Top-Hotel der Welt gelistet. Ganz gleich, ob im Vorderen Orient, im arabischen Raum, in Asien oder über Atlantik und Pazifik hinweg. Die Süßweine vom Neusiedlersee sind international in allerhöchstem Maße erfolgreich. Jetzt gilt es, dieses internationale Top-Renommée auch am heimischen Markt in Glanz und Schimmer zu verwandeln. Die Herkunftsbezeichnung Neusiedlersee DAC sowie die engere Herkunft „Seewinkel“ für jene Süßweine, deren Trauben aus den Ortschaften Podersdorf, Illmitz und/oder Apetlon gekeltert werden, soll die zahlreichen engagierten Winzer hierbei tatkräftig unterstützen. Typisch österreichisch gesagt: Der Prophet soll auch im eigenen Land etwas gelten. Zu Recht!

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Neusiedlersee DAC.
Einzigartiger Zweigelt. Einzigartige Süßweine.
Von der Sonnenseite Österreichs. Zur Gaumenfreude aller.

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